LERNTIPP
DIE IRRWEGE DES LERNENS LIEGEN IN DER FOKUSSIERUNG AUF DAS ZIEL
Text: Astrid Hillbert | Illustration: Jessica Dieter
(erschienen im DIPLOMAgazin Ausgabe 15)
DIE IRRWEGE DES LERNENS LIEGEN IN DER FOKUSSIERUNG AUF DAS ZIEL
Text: Astrid Hillbert | Illustration: Jessica Dieter
(erschienen im DIPLOMAgazin Ausgabe 15)
Lernen erfordert besonders zwei Dinge: 1. eine Motivation, sich zu bilden. Und 2. die Fähigkeit, sich in Lernsituationen auch auf diese Motivation zu beziehen und sie als Antrieb zu nutzen (Dorsch o. J.). Daher unterscheidet Stavemann (2011) zwischen „Lernzielen“ und „Könnenzielen“. „Lernziele“ werden i.d.R. durch wiederholtes Üben erreicht. „Könnenziele“ wollen erreicht werden, ohne den dazu erforderlichen und ggf. als „lästig“ erlebten Weg zu gehen. Ziel ist das Können, nicht das Lernen (ebd.). Zum „Lernen“ erfordert es aber Geduld. Für mich hat das sehr viel mit einem Bewusstsein über die eigene Identität zu tun: Vor nun schon mehr als 15 Jahren hatte ich eine schwere Krise. Ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Also tat ich in meiner Freizeit etwas, das ich schon immer gut konnte und gern machte: Ich malte und schrieb und ohne bewusst darüber nachzudenken, konnten sich in mir die Dinge neu sortieren, die mein Leben so schwierig erscheinen ließen. Sie bekamen für mich eine neue Bedeutung und dadurch veränderte ich mich auch selbst. Dieser Prozess ging Hand in Hand mit der Veröffentlichung meines Bilderbuches „Der kuschlige Mumpitz“ (Hilbert 2011). Der Mumpitz lehrte mich viel über das Leben und so begann sich mein Leben schließlich auch zu verändern. – Nicht etwa, weil ich jetzt eine „berühmte Autorin“ wäre und nun ein „Jetset-Leben“ führen würde. Ganz und gar nicht! Zwar habe ich auch beruflich einen neuen Weg eingeschlagen, aber der hat nichts mit Bilderbüchern zutun. Das Wesentliche daran sind nämlich nicht die Bücher oder die Veröffentlichungen, sondern mein Mumpitz! Er ist für mich wie ein enger Verbündeter, ein „Seelenverwandter“ geworden. Wir leben quasi zusammen in einer WG und ich beziehe ihn seither in meine Entscheidungen mit ein. Denn das Wort „Mumpitz“ stammt von „Mummelputz“ und bedeutet ursprünglich so viel wie „vermummte Schreckgestalt“ und hat die Bedeutung von „unsinnigem Gerede“ (Duden 2024). Wenn wir uns austauschen, sind wir unter uns und miteinander sehr vertraut. Für Außenstehende ist das vielleicht nur „Mumpitz“. Doch in Situationen, in denen sich mir das Leben als „vermummte Schreckgestalt“ zeigt und ich es nicht mehr zu durchdringen vermag, hilft mir mein Mumpitz, wieder eine Richtung zu finden, indem er mich an das erinnert, was ich bin und was ich kann. Manche meiner Entscheidungen mögen für Andere dann unsinnig klingen, aber für den Mumpitz und mich sind sie die tiefste Erfüllung unserer Fusion und wir wissen, gemeinsam können wir fast alles schaffen.
Trotzdem sollten Ziele nicht zu hoch gesetzt werden, um die Motivation zu erhalten. Auch sollte der Sinn eines Ziels hinterfragt werden (Bammann 2015). Interessanter Weise stammt das Wort „Sinn“ vom alt- oder mittelhochdeutschen „Sin“ ab und bedeutet so viel wie Gang, Reise oder Weg (Schischkoff 1991). Um also ein Lernziel zu erreichen, sollte der Prozess des Lernens im Vordergrund stehen, nicht das Ergebnis. In gewisser Weise ist Lernen aber auch mit Scheitern
verbunden. Ohne zu scheitern gäbe es nichts zu lernen, da man es schon könnte. Daher liegt im Scheitern die Chance, zu erkennen, wie etwas nicht geht und aus dieser Erkenntnis Motivation für einen neuen Versuch zu entwickeln. Wenn dem Scheitern ein Neuanfang folgt, lässt sich die Niederlage auch positiv als Wendepunkt bewerten (Bammann 2015). Den Verlag, der mein Büchlein veröffentlicht hat, gibt es inzwischen leider nicht mehr. Aber das ist nicht schlimm. Denn der Mumpitz sitzt noch immer bei mir auf dem Sofa und wir beraten uns in schwierigen Situationen. Nonverbal, meistens. Der Mumpitz ist kein Plappermäulchen. Aber mit seinen großen Kulleraugen schaut er mich auf unverwechselbare Weise an und aus seiner kleinen Mumpitzseele strahlt dann eine unglaubliche Klarheit, so dass ich schließlich nicht nur weiß, sondern tief in mir spüren kann, was er mir mitteilt und was jetzt die richtige Entscheidung für mich ist. Hüther (17.02.24) sagt, man muss sich selbst als „Entdecker und Gestalter dieser Welt“ erleben, um aus sich selbst eine Lernmotivation zu schaffen. Es müssen Emotionen und Begeisterung geweckt werden. Emotionen können auch über Belohnung und Strafe hervorgerufen werden (ebd). Doch dann steht das Ergebnis im Fokus, nicht der Prozess. Ich verstehe das so: Wenn wir uns „begeistern“, sind wir in einem Flowzustand. Dann sind wir in uns selbst versunken und wachsen in dem, was wir tun, zugleich über uns selbst oft hinaus. Denn die Begeisterung findet ihren Ursprung in der Tiefe unseres Selbst und möchte sich entfalten, wachsen, drängt von unserem Innersten nach Außen. So wie ein Flaschengeist, der alles versucht, um aus seiner Flasche zu entkommen. Und indem wir uns „begeistern“ finden wir Erfüllung, Zufriedenheit und schließlich „Sinn“ in unserem Leben, der uns unsere Richtung zeigt. Auch, wenn dieser Sinn vielleicht als „Mumpitz“ in unser Leben tritt. Was bedeutet das nun konkret, um z.B. im Studium erfolgreich zu sein? Was wir zum Lernen elementar brauchen, ist eine Wertschätzung des Lernprozesses (Hüther 17.02.2024). Und, wenn sich die nicht aus dem Thema erschließt, dann vielleicht aus dem Anlass, der zur Lernnotwendigkeit führte? Denn irgendwas hat der Lernprozess schließlich immer mit einem selbst zu tun und irgendwo hat auch dieser seinen Ursprung.
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